Pfingsten verbringen wir schon seit vielen Jahren traditionell zwei Tage lang auf dem Opernplatz: Wir stehen mit unserer Bauwagenkirche beim CSD Hannover. Ursprünglich gemeinsam mit dem Pastor für Aids-Seelsorge unserer Landeskirche, mittlerweile mit seinem Nachfolger, dessen Stelle ausgeweitet und verändert wurde: queersensible Seelsorge. Dazu gekommen sind auch Gruppen wie ein Team der Jugendkirche und Freund*innen aus katholischen Initiativen wie Out in Church. Gemeinsam stehen wir dort für Kirche zwischen dem Stand des BDSM-Verein und dem queerem Jugendzentrum, gegenüber vom Stand mit den Penisförmigen Waffeln.
Die Reaktionen sind so divers wie die Menschen auf einem CSD. Es gibt Menschen, die sich zum ersten Mal in ihrem Leben als Paar segnen lassen können. Es gibt die Menschen, die irritiert aus der Ferne rüberschauen. Es gibt Menschen, die ihren Frust abladen, ihre Kritik an der Institution und der Gewalt in Vergangenheit und Gegenwart äußern. In den meisten Fällen können wir nur zustimmen: Die Kritik ist berechtigt. Und wir beschönigen nicht. Wir leugnen nicht, dass auch heute noch unsere Kirchen nicht für alle ein sicherer Ort sind. Gleichzeitig stehen wir für eine Kirche, in der immer mehr Menschen genau dagegen arbeiten und die sich für Öffnung und Vielfalt und Teilhabe einsetzen. „Für eine Kirche ohne Angst“, heißt es bei Out in Church.
Mit dieser Kritik können wir umgehen. Wir erleben aber auch Grenzüberschreitungen. Menschen, die uns aus dem Nichts mit Bibelstellen bombardieren und uns mit dem Jüngsten Gericht drohen oder von anderer Seite Menschen, die uns persönlich für alles verantwortlich machen, das Kirche jemals getan hat. Dass ihnen hier queere Christ*innen gegenüberstehen, vergessen diese Menschen scheinbar. Und es ist schmerzhaft. Es ist schmerzhaft, auf einem Fest, das sich für Gleichberechtigung und Akzeptanz einsetzt und diese besondere Gemeinschaft feiert, in den Augen mancher dann doch wieder nicht dazuzugehören.
Und gleichzeitig ist mir so sehr bewusst, mit wie viel Schmerz der Gedanke an Kirche für viele verbunden ist, sodass sie so auf uns reagieren. Und mir wird bewusst, was mich eigentlich schmerzt. Wieder einmal sind es Betroffene, die allein dastehen für Veränderung. Wo sind z.B. die Bischöf*innen, die sich in ihren Statements für Vielfalt feiern lassen? Wieso stehen sie nicht mit uns dort? Wieso ist es der queere Pfarrer, der sich für die Taten seiner Kirche entschuldigt? Wo seid ihr? Ja, wir sind alle Kirche und auch ich und auch wir sprechen und stehen für diese Kirche. Aber nicht allein. Wer übernimmt Verantwortung? (Und wer wird eigentlich dafür bezahlt?)